Sozialdemokraten in der Hochburg feiern Jubiläum

100 Jahre SPD Ortsverein Wiesmoor
Stolz zeigten sich Wiesmoors Ortsvereinsvorsitzender Benjamin Feiler, Jens Peter Grohn, Robert Ahlfs und Till Friedrich (von links) über die Broschüre zum 100-jährigen Bestehen des Ortsvereins in der Blumenstadt.

KOMMUNALPOLITIK SPD-Ortsverein Wiesmoor wird 100 Jahre alt – Festakt mit Olaf Lies am Sonnabend

Partei stellt seit 1919 mit Ausnahme der NS-Zeit durchgehend die Ratsmehrheit und den Bürgermeister.

VON DETLEF KIESÉ WIESMOOR – So ganz genau ist es wegen der lückenhaften Quellenlage nicht mehr festzustellen. „Aber für das Jahr 1919 ist definitiv klar, dass es in Wiesmoor einen SPD-Ortsverein gab“, berichtet Till Friedrich. Vor dem Hintergrund des 100. Geburtstags haben der geschichtsinteressierte Mitgliederbeauftragte und der Ratsvorsitzende Jens Peter Grohn (SPD) eine Jubiläumsfestschrift zusammengestellt, in der sie von der Gründung in der noch jungen Blumengemeinde und die Entwicklung bis zur Gegenwart berichten. Vorgestellt wird die von Robert Ahlfs umgesetzte Broschüre am kommenden Sonnabend während eines Festakts in der Blumenhalle. „Wir konnten natürlich nicht die ganze Bevölkerung einbeziehen und haben deshalb 130 Vorsitzende von Vereinen und Verbänden stellvertretend für die Wiesmoorer Bürger eingeladen. 100 von ihnen haben zugesagt“, berichtet Benjamin Feiler, der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins.

In der Feierstunde sprechen unter anderem Bürgermeister Friedrich Völler, SPD-Bezirksvorsitzende Weser Ems, Johanne Modder, und als Festredner Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies. Für musikalische Akzente sorgt das örtliche Duo A.I.T mit Marko Harms (Gitarre) und Martin Kurtenbach (Gesang). Im Mittelpunkt der Zusammenkunft in der Blumenhalle steht ein Vortrag von Till Friedrich und Jens Peter Grohn, die stolz sind, manche interessante Fakten der Sozialdemokratie in Wiesmoor zusammengetragen zu haben. Dabei stöberten sie in Bibliotheken und Archiven wie bei der Friedrich-Ebert-Stiftung, dem Anzeiger für Harlingerland, dem Staatsarchiv Aurich und der Landesbibliothek Oldenburg. Und sie fragten bei Zeitzeugen nach. Eine wertvolle Quelle war dabei die Hausarbeit des Wiesmoorer Pädagogen Ingo Kerkau über die Reichstagswahlen im Landkreis Wittmund während der Weimarer Republik.

„Wir haben festgestellt, dass es sich hier um eine der wenigen Stadt beziehungsweise Gemeindegründungen des 20. Jahrhunderts handelt“, stellte Friedrich nach seinen Recherchen fest. Immerhin habe Wiesmoors Historie erst mit der Errichtung des Torfkraftwerks begonnen, die Kommune wurde 1906 gegründet. Insbesondere die zahlreichen, im Torfabbau tätigen Arbeiter hätten sich in der SPD organisiert, wobei die Anfänge des Ortsvereins noch vor dem Ersten Weltkrieg lagen. „Ab 1919 besteht durchgängig – mit Unterbrechung während des Parteiverbotes in der Nazizeit (1933 bis 1945) – ein Ortsverein“, so der Mitgliederbeauftragte. Harm Diddens habe seinerzeit als erster den Vorsitz übernommen.

Darauf, dass die Geschicke des Ortes mitten in Ostfriesland seit 100 Jahren entscheidend durch die Sozialdemokraten geprägt werden, macht Jens Peter Grohn, zwischen 2003 und 2015 selbst Ortsvereinsvorsitzender, aufmerksam. So habe es mit Erich Bargmann, Hinrich Schoon, Tönjes Schmidt, Eduard Saathoff, Hinrich Behrends (sen. und jun.), Eilert Schmidt, Alfred Meyer und Friedrich Völler fortwährend einen SPD-Bürgermeister gegeben. Immerhin hätten die Sozialdemokraten in der zunächst stark durch die Industrie geprägten Gemeinde traditionell die Mehrzahl der Gemeindeoder Stadtratsmitglieder gestellt.

Grohn skizziert im vorliegenden Schriftstück die politische Geschichte Wiesmoors, geht auf starke Persönlichkeiten und wichtige Begebenheiten ein: Nachdem 1923 die bürgerliche Gemeinde ins Leben gerufen worden war, kam es 1951 zur Gründung der Großgemeinde und 1972 zur Einheitsgemeinde. Seit 2006 ist Wiesmoor Stadt. Die SPD initiierte in den 1950er Jahren Großveranstaltungen, stellte später starke Vertretungen im Auricher Kreistag und hieß 1961 den Sozialdemokraten Willy Brandt willkommen, der in seiner Funktion als Regierender Bürgermeister von Berlin Schirmherr des Blütenfestes war. Übrigens: Der „Distrikt Wiesmoor“ hatte 1918/19 mit 85 männlichen und zehn weiblichen Parteimitgliedern ganz ähnliche Mitgliederzahlen wie heute. Voßbarg war seinerzeit allerdings noch eigenständig. Die Chronik in der nun vorliegenden 32-Seiten-Festschrift mit einigen zeitgenössischen Fotos soll weiter vervollständigt werden, wie Jens Peer Grohn ankündigt.

Quelle: „Anzeiger für Harlingerland“ vom 10.10.2019